Elysium
LBA Dirk Meiser, freier Landschaftsarchitekt BDA
Kickoff: 30. November
10 Termine, Do 14–17 Uhr
Es scheint ein großes Bedürfnis zu sein, die grüne Außenwelt, zumindest das „schöne“ dieser Außenwelt, in die Innenwelt zu holen. Wir kennen die Beispiele:
„Natur“ im Innern von riesigen Hallen oder auf der 23. Etage eines Hochhauses, ein Ge-bäude, das aus überladenen grünen Balkonen besteht, Fassaden aus lebenden Pflanzen etc.
Dienen Pflanzen als Green-Washing von „ordinärer“ Architektur, als Deko? Oder sind sie Zeichen von Bewusstseinswandel, Bauwende? Die Loslösung der lebenden Pflanze vom gewachsenen Boden ist eine längere Entwicklung, an deren Anfang vielleicht ein Blu-mentopf stand und an deren Ende möglicherweise die unter einer künstlichen Atmosphäre erzeugte Marskolonie steht oder die künstliche Natur der Raumstation Elysium (in dem gleichnamigen Film von Neill Blomkamp).
Der Mensch möchte die Natur um sich herum, aber den kontrollierbaren ungefährlichen Teil: das beste Wetter, die angenehmste Temperatur, die beste Wachstumsbedingungen. Das war schon immer ein Streben in der Entwicklung der menschlichen Zivilisationen.
So fing Homo schon früh an, die Natur zu kultivieren, zu zähmen und sie Stück für Stück zu sich zu holen. Das begann schon mit den ersten eingehegten Gärten in Mesopotamien.
Heute baut der Homo ganze Landschaften nach unter Glasglocken, baut Skihänge auf Müllverbrennungsanlagen, Golfplätze auf Dächern, Parks auf Hochbahntrassen. Er holt die Außenwelt zu seinen Bedingungen zu sich, hebt die Trennungen auf zwischen Innen und außen, zwischen künstlich gebaut und natürlich gewachsen. Schafft er sich damit eine mit Versatzstücken der Natur ausstaffierte Bühnendekoration, nur damit er die schnöde Wahrheit dahinter nicht sehen muss, eine von der Natur losgelöste kontrollierbare gebaute Welt, die das Schmutzige, Wilde, Unkomfortable außen vor lässt oder ist dieses Phänomen ein Hinweis darauf, dass der Mensch sich wieder mehr auf die Natur einlässt, ihr mehr Raum gibt?